Bewerbungen als KindheitspädagogInnen – Eure Erfahrungen

19 Jun

Neulich hat uns eine E-Mail erreicht, in der eine Absolventin der Pädagogik der Kindheit und Familienbildung mit uns Ihre Erfahrung als Bewerberin teilen wollte.

Da sie sicherlich nicht die einzige ist, die als Kindheitspädagogin nicht ihren Kompetenzen entsprechend wahrgenommen wird und sie unserer Einschätzung nach eine sehr gute Antwort auf Ihre Absage verfasst hat, möchten wir die enstprechende Stellenanzeige, die Absage, so wie die Antwort darauf veröffentlichen und würden uns darüber freuen, wenn Ihr uns von weiteren Erfahrungen berichtet.

Hier die Stellenanzeige der Kinder- und Jugendpädagogischen Einrichtung der Stadt Köln

Die Absage lautetete:
Trotz intensiver Prüfung kann ich Ihnen keine Ihrer Qualifikation (Pädagogik der Kindheit und Familienbildung) entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit in diesem Bereich anbieten. Auch auf absehbare Zeit ist eine solche nicht in Sicht.

Und hier die Antwort der Bewerberin:
Mit Bedauern habe ich Ihre Absage bezüglich meiner Bewerbung in der Eltern-Kind-Tagesbetreuung zur Kenntnis genommen.

Sie begründen Ihre Absage mit den Worten, dass Sie mir keine meiner Qualifikation (Pädagogik der Kindheit und Familienbildung) entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit anbieten können. Ich möchte in den folgenden Zeilen darstellen, wieso ich Schwierigkeiten habe Ihre Begründung nachzuvollziehen.

Sie schreiben, dass Sie nach einer/einem Sozialpädagogen/in bzw. Sozialarbeiter/in suchen, der/die den beschriebenen Aufgabenbereich übernehmen und auch weiterentwickeln kann. Dabei berücksichtigen Sie leider nicht das Berufsbild der staatlich anerkannten Kindheitspädagog/innen, deren Studium sie sehr zielgerichtet auf das von Ihnen beschriebene Arbeitsfeld hin ausbildet.

Als Kindheitspädagogin habe ich mich intensiv mit der kindlichen Entwicklungspsychologie befasst. Darunter fallen nicht nur die kognitiven, emotionalen und motorischen Entwicklungsschritte der Kinder, sondern auch mögliche Psychopathologien, die sich durch unterschiedliche exo- und indogene Faktoren und deren Zusammenspiel entwickeln können. Als Masterstudierende kann ich meine erweiterten Kenntnisse in der Entwicklungspsychopathologie und Diagnostik sowie im systemischen Denken und Handeln nutzen, um einen noch differenzierteren Blick auf mögliche Problemlagen im familiären Kontext zu werfen.

Als Kindheitspädagogin habe ich gelernt, Kinder intensiv und wertfrei zu beobachten und diese Beobachtungen mit unterschiedlichen Instrumenten (u.a. Bildungs- und Lerngeschichten, Entwicklungstabelle nach Kuno Beller) zu strukturieren und auszuwerten. Auch die MarteMeo Methode wurde uns im Rahmen eines Gastvortrags von Maria Aarts, der Begründerin der Methode, näher gebracht.

Als Kindheitspädagogin habe ich mich intensiv mit der Bindungstheorie auseinandergesetzt und kenne die neuesten Präventionsprojekte (Kreis der Sicherheit, SAFE®), die ich auch im Rahmen meiner Masterthesis als Grundlage meiner Recherche und meiner Konzeptentwicklung (Dialogische Biografiearbeit mit werdenden Eltern: Ein Konzept zur Reduzierung negativer transgenerationaler Übertragungen und zur (präventiven) Beziehungsförderung[1]) nutze.

Als Kindheitspädagogin habe ich Seminare zur Sozialmedizin, zum Kinder- und Jugendhilfe- sowie Familienrecht, zur Didaktik und zu kindlichen und familiären Transitionen besucht und erfolgreich abgeschlossen.

Zuletzt und in besonderem Maße habe ich mich, unter der enthusiastischen Leitung von Prof. Dr. Tschöpe-Scheffler, intensiv mit dem Thema Zusammenarbeit mit Eltern auseinandergesetzt. Unter anderem beteiligte ich mich an einem Forschungsprojekt zum Thema Qualitätskriterien zur Zusammenarbeit mit Eltern, welches in einer Buchpublikation[2] mündete. Vor allem aber lernte ich von und mit dieser Dozentin, eine offene Haltung der Begegnung zu entwickeln, die einen authentischen, wertschätzenden und neugierigen Kontakt mit Eltern und Kindern ermöglicht.

Als Tutorin und Lehrbeauftragte der TH Köln entwickelte ich Konzepte, um theoretisches Wissen aus dem Feld der Kindheitspädagogik und Familienbildung in einem lebendigen Lernprozess an die Studierenden weiterzugeben. Durch mein Engagement durfte ich zudem die katholische Familienbildung an 5 Tagen bei der Überprüfung Ihrer Zielsetzungen sowie der Weiterentwicklung ihres Teams begleiten und unterstützen.

Als Masterstudierende, die gerade das letzte Semester absolviert und sowohl in Form von Feeback von Dozent/innen, als auch in Form von exzellenten Noten, eine sehr positive Rückmeldung bezüglich ihres Engagements und ihrer intensiven Auseinandersetzung mit dem Lehrstoff erhält, habe ich mich mit diversen Beratungs- und Therapieschulen beschäftigt und diese in integrierter Form in Beratungsprozessen sehr zielführend eingesetzt. Ich habe mich mit Konfliktvermittlungstheorien auseinandergesetzt und mein Wissen bezüglich aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen erweitert. Meine Rechtskenntnisse, insbesondere im Sozialrecht, konnte ich in drei weiteren Rechtsmodulen weiter ausbauen. Der von Ihnen geforderte ressourcenorientierte Blick und Methoden der Familienberatung wurden intensiv behandelt und erprobt und bilden für mich einen selbstverständlichen Hintergrund meines professionellen Selbstverständnisses.

Alles in allem möchte ich betonen, dass alle von Ihnen geforderten und erwünschten Punkte von mir ausgefüllt werden. Eine Sozialpädagogin wird zwar den von Ihnen geforderten formalen Rahmen erfüllen, aber sie wird sich in ihrer Ausbildung nicht so intensiv mit der kindlichen Entwicklung und mit der konstruktiven Zusammenarbeit mit Eltern auseinandergesetzt haben.

Ich würde mir wünschen, dass Sie unser Berufsprofil bei zukünftigen Stellenausschreibungen, insbesondere wenn diese im Bereich der Frühen Hilfen angesiedelt sind, berücksichtigen. Gerne schicke ich Ihnen im Anhang die aktuellen Modulhandbücher beider Studiengänge mit.

Schlussendlich hätte ich mir gewünscht, diese Punkte in einem Vorstellungsgespräch näher ausführen zu können.

Mit freundlichem Gruß

WELCHE ERFAHRUNGEN MACHT IHR SO?

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