Partizipation und Demokratieerziehung

Partizipation

Partizipation ist für den Aufbau des positiven Selbstbildes von großer Bedeutung und trägt zur gesunden Identitätsentwicklung bei. Indem Kinder ihre Umwelt mit gestalten können, lernen sie Entscheidungen und deren Konsequenzen zu treffen und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Um diese Kompetenzen zu entwickeln, müssen jedoch schon frühzeitig eine demokratische Kultur gelebt werden und Partizipation zugelassen werden (Groot-Wilken, 2009, S. 43). „Partizipation auf der Beziehungsebene bedeutet, Kinder als Experten ihres eigenen Lebens ernst zu nehmen“ (Hansen, 2003).

Wie oft werden die Kinder wirklich in Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse eingebunden, an der Gestaltung der Räume, der Auswahl von Materialien? Wie regelmäßig findet dies in der pädagogischen Praxis statt? Ist es schon Bestandteile des Konzepts? (Groot-Wilken, 2009, S. 43 f.). Fragen und Anregungen zur Selbstreflexion unterstützen die Fachkraft, den Grad der Partizipation in Kita, Schule und anderen Settings einzuschätzen und weitere Potenziale auszuschöpfen.

Fragen, die sich eine Pädagogische Fachkraft stellt:

  • Was bedeutet Partizipation für mich im pädagogischen Alltag?
  • Welche konkreten Möglichkeiten fallen mir ein?
  • Was lernen die Kinder dabei?
  • Was muss ich als Fachkraft dabei beachten, aushalten, anleiten, fördern?
  • Welche konkreten Ideen habe ich dazu?
  • Wo sind für mich die Grenzen der Partizipation?

Rechtliche Grundlage

Kibiz §13 Absatz 4 : „ Die Kinder wirken bei der Gestaltung des Alltags in der Kindertageseinrichtung ihrem Alter und ihren Bedürfnissen entsprechend mit.“

Begriffsdefinition

„Partizipation heißt, Entscheidungen, die das eigene Leben und das Leben der Gemeinschaft betreffen, zu teilen und gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden.“ (R. Schröder, zit. in R. Hansen, 2003)

Partizipation und Demokratieerziehung

Demokratie – Demokratieerziehung – Partizipation. Demokratische Partizipation in Institutionen der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung.

Folgt man den Differenzierungen des Demokratiebegriffs nach Himmelmann (Himmelmann 2001; 2004) wird deutlich, dass Demokratie bzw. der Tatbestand in einer demokratischen Gesellschaftsordnung zu leben weit mehr umfasst, als lediglich ein Leben unter den Voraussetzungen einer bestimmten Herrschaftsform. Vielmehr verortet der Autor den Demokratiebegriff in dem gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Lebens- und Umgangsweisen der Individuen einer Gesellschaft, wenn er Demokratie als eine Gesellschaftsund Lebensform definiert. Während sich der politisch geprägte Begriff von Demokratie in der Konzeption von »Demokratie als Herrschaftsform« auf die staatliche Ebene konzentriert und aus dieser Perspektive Funktionen und Aufgaben einer demokratischen Herrschaftsform beschreibt, beziehen sich die Konzeptionen zur Demokratie als Gesellschafts- und Lebensform weitaus mehr auf diejenigen Subjekte, die innerhalb der politisch verfassten, demokratischen Gesellschaftsordnung leben. Folgt man den Ausführungen Himmelmanns weiter, so findet Demokratie ganz zentral eben nicht nur auf der staatlich ordnenden Ebene statt, sie findet ihren Ausdruck vor allem in dem alltäglichen und gemeinschaftlichen Leben der Subjekte einer demokratischen Gesellschaft. Es sind also die demokratischen Subjekte selbst, die Demokratie in ihrem Alltag leben und dafür Sorge tragen, dass die Gesellschafts- und Lebensform der Demokratie dauerhaft stabil bleiben kann. Während sich der Begriff der Demokratiebildung vor allem auf die Frage konzentriert, wie Kinder und Jugendliche sich Demokratie aktiv aneignen und wie sie demokratische Werte für sich verinnerlichen und praktisch ausleben, verdeutlicht schon der Begriff der »Demokratieerziehung«, dass es hierbei viel mehr um ein Anleiten geht bzw. um ein Handeln von Erziehungspersonen (und pädagogischen Fachkräften) mit dem Ziel, Bildungsprozesse beim Kind oder Jugendlichen anzuregen. Erziehung soll daher im Folgenden vor allem als „Voraussetzung für die aktive Aneignungsfähigkeit des Subjekts, [also] für Bildung, verstanden werden“ (Knauer/ Sturzenhecker 2013, S. 246). Das Ziel einer solchen Demokratieerziehung definieren Knauer und Sturzenhecker in diesem Zusammenhang wie folgt: „Eine Erziehung, die den Subjekten die Erfahrung der aktiven Aneignung von Demokratie durch ihre Praxis (=Demokratiebildung) eröffnen will, muss […] ‚Anreize‘ schaffen, die die selbstbildende Tätigkeit der Kinder herausfordern, indem sie Settings und Gelegenheiten anbietet, in denen Kinder Demokratie praktizieren und sie sich so aneignen können“ (ebd.).

Literatur

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.). (2007): Übereinkommen über die Rechte des Kindes. UN-Kinderrechtskonvention im Wortlaut mit Materialien. Aus: http://www.auswaertiges- amt.de/cae/servlet/contentblob/358176/publicationFile/3609/UNkonvKinder1.pdf

Groot-Wilken, B. (2009): Konzeptionsentwicklung in der KiTa. Freiburg: Herder.

Hansen, R. (2003): Die Kinderstube der Demokratie – Partizipation in Kindertagesstätten. Aus: Kindergartenpädagogik Online-Handbuch. M.R. Textor (Hrgs.) Abrufbar unter: http://www.kindergartenpaedagogik.de/1087.html

Himmelmann, Gerhard (2001). Demokratie Lernen: als Lebens-, Gesellschafts- und Herrschaftsform. Ein Lehr- und Studienbuch. Schwalbach: Wochenschau Verlag.

Himmelmann, Gerhard (2004). Demokratie-Lernen: Was? Warum? Wozu?. In: Edelstein, Wolfgang / Fauser, Peter (Hrsg.) (2004). Beiträge zur Demokratiepädagogik. Eine Schriftreihe des BLK-Programms „Demokratie lernen & leben“. Abrufbar unter: http://www.pedocs.de/volltexte/2008/216/pdf/Himmelmann.pdf

KiBiz (2013): Geltende Gesetze und Verordnungen (SGV.NRW): Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz. Abrufbar unter: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=216&bes_id=10994&aufgehoben=N&menu=1&sg=0#det249971

Knauer, Raingard / Sturzenhecker, Benedikt (2013): Demokratische Partizipation in Kindertageseinrichtungen. In: Geisen, Thomas / Kessl, Fabian / Olk, Thomas / Schnurr, Stefan (Hrsg.) (2013): Soziale Arbeit und Demokratie. Wiesbaden: Springer VS. S. 243-266.

Knauer, Raingard / Sturzenhecker, Benedikt / Hansen, Rüdiger (2011): Mitentscheiden und Mithandeln in der Kita. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.

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