Sozialpsychologie / Resilienz

Sozialpsychologie: Risiko- und Schutzfaktoren für die kindliche Entwicklung

Medizinisch biologische Kennwerte, körperliches sowie psychisches Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und soziale Eingebundenheit können sich im Sinne des mehrdimensionalen Kontinuums nach Antonovsky in Richtung „krank“ oder „gesund“ bewegen (Hartung, 2008, S. 140).

Dabei können sich die Dimensionen der bio-psycho-sozialen Gesundheit wechselseitig positiv und negativ beeinflussen. So können Isolation und Ablehnung Angst vor Hänseleien hervorrufen, was wiederum das psychische Wohlbefinden mindert und sich auf die Leistungsfähigkeit auswirkt (Hartung, 2008, S. 141).

Risikofaktoren können dafür sorgen, dass sich Menschen auf dem Kontinuum Richtung „krank“ bewegen. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Entwicklung beeinträchtigt wird, psychische Störungen entstehen und verfestigen. Liegen gleich mehrere Risikofaktoren vor, wirken diese nicht nur additiv sondern können sich gegenseitig noch im Sinne einer Zirkulärreaktion verstärken (Hartung, 2008, S. 141).

Gleichzeitig lassen sich Kinder beobachten, die trotz hoher Belastungen und Risiken über Lebensmut und Lebensfreude verfügen, soziale Kontakte eingehen, sowie schulischen und beruflichen Erfolg erzielen. Sie verfügen über bestimmte Ressourcen, die sie aus ihren persönlichen Kompetenzen und ihrem sozialen Umfeld schöpfen. Sie dienen als Schutzfaktoren, mit deren Hilfe diese Menschen ihre psychische Widerstandskraft stärken (Hartung, 2008, S. 139). Diese Schutzfaktoren schließen Kompetenzen und Erfahrungen der Selbstwirksamkeit, Empathie, Fähigkeit zur Interaktion und Konfliktlösung, Abbau von Stress durch Entspannung und Bewegung, Lösung von Problemen, Kooperation, bewältigen externe Aufgaben und Anforderungen, engagieren sich für eigene Anliegen (Hartung, 2008, S. 146). Diese Widerstandskräfte, werden zusammenfassend und allgemein als Resilienz bezeichnet.

Förderung von Resilienz

Corina Wustmann (2005) bezeichnet Resilienz als „die psychische Widerstandfähigkeit von Kindern gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken“ (Weiß, 2011, S. 334f). Resiliente Menschen können

  • Lebensumstände, die belastend wirken und anhaltend dauern ohne deutliche psychische Schäden überstehen
  • Erholen sich schnell von traumatischen Ereignissen und negativen Folgen von früheren Belastungen
  • Entwickeln Kompetenzen zur Bewältigung von akuten Belastungen und Stress und zum Meistern von Entwicklungsaufgaben (Hartung, 2008, S. 142)

Resilienz bedeutet keine Unverwundbarkeit sondern bezieht sich auf „spezifische Situations- und Kompetenzbereiche“ (Hartung, 2008, S. 142). Sie wird vom Kind in der Interaktion mit seiner sozialen Umwelt entwickelt (Hartung, 2008, S. 143). Dabei macht es schon als Säugling Erfahrungen, die es in seiner Selbstwirksamkeit stärken oder schwächen können und ihm das Gefühl vermitteln, hilflos zu sein. Als stärkend und Resilienz fördernd gelten:

  • stabile und positive Beziehung zu mind. einer Bezugsperson (Hartung, 2008, S. 143)
  • Anregung und Wertschätzung dieser Person
  • autoritativer Stil in der Erziehung, der von Wertschätzung und Unterstützung geprägt wird und dem Kind Orientierung bietet
  • Freundschaften, Beziehungen zu Peers
  • Soziales Netzwerk, das unterstützend wirkt (Vereine, Verwandte, Nachbarn, ..)
  • Positive Erfahrungen in der Schule oder/und sozialpäd. Einrichtungen, besondern wenn sie als Zufluchtsorte bei besonders belastenden Umständen dienen
  • Angemessene Anforderungen in Bezug auf Leistung und Übernehmen von sozialer Verantwortung
  • Positives Feedback
  • Chancen zur Partizipation (Hartung, 2008, S. 143)

Diese sozialen Ressourcen tragen einen beträchtlichen Anteil zur Resilienzentwicklung bei. Auch personale Ressourcen können die psychische Widerstandskraft erhöhen, Optimismus fördern, sowie die internale Kontrollüberzeugung und Selbstüberzeugung positiv beeinflussen. Diese Kompetenzen werden unter anderem von erfolgreichem Bewältigen früherer Erfahrungen gespeist (Hartung, 2008, S. 143).

Um diese Faktoren zu fördern, wurden resilienzfördernde Angebote entwickelt, unter denen ich an dieser Stelle aufgrund der Vielfalt nur kurz auf die „modularisierten Gruppentrainings“ (Hartung, 2008, S. 145) verweisen möchte. Sie haben sich auf unterschiedlichen Feldern in der psychosozialen Praxis bewährt. Das „FREUNDE-Programm zur Prävention von Angst und Depression“ (Barrett et al. 2003), das Training zur Prävention von Stress „Bleib locker“ (Klein-Heßling & Lohaus 2000) seien hier beispielhaft genannt.

Literatur

Barrett, P., Webster, H., Turner, C. (2003): FREUNDE für Kinder. Trainingsprogramm zur Prävention von Angst und Depression. Gruppenleitermanual. Deutsche Bearb. C.A. Essau u. J. Conradt. München: Reinhardt.

Hartung, J. (2008): Förderung der psychischen Widerstandskräfte (Resilienz) von Kindern und Jugendlichen. In: P. Bünder, L. Schmitz, D. Krumpholz (Hrgs.), Neuere Konzepte und Praxis systemischer Beratung. (S. 139-147). Berlin: Frank & Timme.

Heimlich, Ulrich (2001): Einführung in die Spielpädagogik. Eine Orientierungshilfe für sozial-, schul- und heilpädagogische Arbeitsfelder (2. überarb. u. erw. Aufl.). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Klein-Heßling, J. & Lohaus, A. (2000):Stresspräventionstraining für Kinder im Grundschulalter (2. erw. u. aktual. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.

Nickel, H. & Schmidt-Denter, U. (1991): Vom Kleinkind zum Schulkind. (4. Aufl.). München: Reinhardt.

Oerter, R. & Montada, L. (Hrgs.). (2002): Entwicklungspsychologie. Weinheim: Beltz PVU.

Renner, M. (2008): Spieltheorie und Spielpraxis (3., neu bearb. Aufl.). Freiburg: Lambertus.

Weiß, H. (2011): So früh wie möglich – Resilienz in der interdisziplinären Frühförderung. In: M. Zander (Hrsg.), Handbuch Resilienzförderung (S. 330-349). Wiesbaden: VS-Verlag.

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